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AES Kabine - Quelle: AES
24.2.2023 - Jann Raveling

Licht für den Kanzler, Sonne für Bremen

Luft- und Raumfahrt

AES Aircraft Elektro/Elektronik System GmbH beliefert weltweit die Luftfahrtindustrie

Elektronische Systeme für Licht, Strom und Kommunikation in der Luftfahrt, Hightech für die Schifffahrt oder den Weltraum – die Bremer AES Elektro/Elektronik Systeme GmbH ist weltweit gefragt. Neben Airlines setzen auch exklusive Kundinnen und Kunden wie die Flugbereitschaft der Bundesregierung auf Bremer Produkte. Und neuerdings geht das Unternehmen auch auf dem Boden neue Wege.

Wände übersäht mit leuchtenden Streifen, runden LED-Strahlern, Schminkspiegeln mit integriertem Licht, flexiblen Lichtschläuchen – im Dauererprobungsraum der Bremer AES fühlt man sich als Besucherinnen und Besucher in ein wenig an ein Lampenstudio erinnert. Hellweiß strahlt es hier auch noch spät nachts, wenn sonst überall schon längst Feierabend eingekehrt ist. Einige der Leuchtmittel brennen seit 2000 ununterbrochen zu Testzwecken, denn anders ist eine Erprobung nicht möglich. „Das sind weit über 140.000 Betriebsstunden, zwei- bis dreimal so viel, wie für die Luftfahrtzertifizierung erforderlich“, erklärt Dr. Jörn Burkert stolz. Licht ist ein Steckenpferd des Geschäftsführers, der zusammen mit Vahit Ezer-Hagemann das Unternehmen leitet.

Wer einen Airbus betritt, fliegt mit AES

Seit dem Gründungsjahr 1997 hat sich AES zu einem relevanten Zulieferer in der Luftfahrtindustrie gemausert. In zwei von drei Airbus-Flugzeugen finden sich Produkte, die in den Büros in der Bremer Airport-Stadt entwickelt und in der angeschlossenen Produktion hergestellt wurden. Die vergangenen 25 Jahre haben viele Innovationen hervorgebracht. Im Jahr 2000 stammte etwa die erste in einem Airbus zugelassene, rein weiße LED-Leuchte aus Bremer Hand.

Auf AES-Produkte trifft man in Nischen – im wahrsten Sinne des Wortes: Etwa im Bereich der Bordküchenbeleuchtung oder auch auf den Flugzeugtoiletten, für die AES beleuchtete und mit Touch-, und Touchless-Funktionen versehene Spülschalter herstellt. „Wir konzentrieren uns auf die Spezialanwendungen und die individuellen Sonderwünsche, können aber auch ganze Flugzeuge mit ausrüsten“, so Dr. Burkert weiter.

AES Geschäftsührung
Vahit Ezer-Hagemann und Dr. Jörn Burkert © AES

Wenn im Kanzlerflieger ein Licht angeht

Vor allen bei Privatjets oder Spezialaufträgen übernehmen die Bremerinnen und Bremer die Komplettausrüstung mit Lichtsystemen. Ein Beispiel ist etwa die Flotte der Flugbereitschaft des Bundesregierung – bei vielen ausländischen Staatsbesuchen kommt Olaf Scholz in den Genuss von Licht aus Bremen. Auch der neueste Regierungsflieger setzt wieder auf Bremer Technik: eine A350-900, die erst Ende 2022 in Dienst gestellt wurde.

Die Wünsche der Kundinnen und Kunden sind dabei so bunt wie die Farben, in denen die Bremer LEDs erstrahlen. „Wir bauen viel in Kleinserien mit Losgrößen zwischen 1 und 50. Denn jede Airline möchte ein anderes Design, andere Produkte. Als Mittelständler kommt uns das entgegen, wir können hier unsere Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit ausspielen“, so Vahit Ezer-Hagemann bei einem Rundgang durch die Produktionsräume.

Die erinnern an eine Manufakturwerkstatt. Vieles entsteht hier in Handarbeit oder teilautomatisiert. Rund 20 der 130 Angestellten arbeiten in der Endfertigung der elektronischen Komponenten. Zu Vor-Corona-Zeiten entstanden so bis zu 40.000 Geräte im Jahr, die dann größtenteils von den Luftfahrtherstellern weiterverarbeitet wurden. Nach Krisenjahren mit Kurzarbeit will das Unternehmen 2023 wieder an das Erfolgsjahr 2019 mit 19 Millionen Euro Umsatz anschließen und es übertreffen.

Leuchtende Dioden in einem Lichtschlauch
Deckenleuchte aus dem Hause AES © AES

Digitalisierung und immer komplexere Systeme für die Flugzeuge von morgen

Unter anderem mit exklusiven Wünschen der oftmals gut betuchten Kundinnen und Kunden. Das kann etwa ein funkelnder Nachthimmel mit Sternen aus LED-Lichtern sein, die in der Decke des Fliegers eingelassen werden. Oder mit goldenen Fassungen versehene Leuchten. Meistens geht es aber sehr viel mondäner zu, etwa bei den dreidimensional-flexiblen Lichtschläuchen: „Viele kennen ähnlich aussehende Produkte aus dem Baumarkt. Aber zertifiziert für den Einsatz im Flugzeug, das gibt es nur bei uns“, so Ezer-Hagemann. Seit Gründung wurden die Systeme immer komplexer und damit auch die Aufgaben der Bremerinnen und Bremer. Zu Lichtsystemen kamen entsprechende digitale Steuerungen bis hin zu Inflight-Entertainmentsystemen hinzu. Auch weitere elektronische Komponenten ergänzen das Portfolio: Netzwerktechnik, Kommunikationsequipment und Strommanagement-Systeme. Neben der Luftfahrtbranche wagte sich das Team in die Ausrüstung von Satelliten oder Schiffen. „Immer mit unseren Kernkompetenzen in der Elektronik, die wir versuchen, auf neue Branchen auszudehnen“, so Ezer-Hagemann.

Derzeit arbeiten sie an berührungslosen Gestensteuerungen für Lichtschalter und an der sogenannten LiFi-Datenübertragung. Bei dieser noch eher wenig genutzten Technologie werden Daten nicht über Funkwellen (wie bei WLAN) übertragen, sondern über nicht wahrnehmbare Lichtimpulse aus Lampen. Im Flugzeug kann das viele Vorteile haben, denn so braucht es weniger Kabel, das Flugzeug wird leichter, gleichzeitig fallen störende Funkwellen weg.

Gruppenfoto
Gemeinsam für Solarenergie auf Bremens Dächern: Initiatorinnen und Initatoren des Projekts "Café Sand goes Green" © WFB/Rathke

Nachwuchsförderung für künftiges Wachstum in der Luftfahrtbranche

Mit bis zu zehn Auszubildenden setzt das Unternehmen auf die Stärkung des eigenen Nachwuchses. Denn am Luftfahrt-Standort Bremen sind Fachkräfte begehrt. Auch deshalb arbeiten die Lichtprofis gern in Forschungsprojekten zusammen mit der Bremer Wissenschaftslandschaft – um Fachkräfte gleich an den Hochschulen ansprechen zu können. „Wir freuen uns darüber hinaus immer über weitere Bewerbungen – nur zu“, erklärt Dr. Burkert. Einige von ihnen werden künftig auch Teil der SOLARES Energy GmbH sein, ein Schwesterunternehmen, das 2020 gegründet wurde. Sie tritt als Dienstleisterin für Photovoltaikanlagen, Batteriespeicher und E-Mobility auf.

„Sie ist aus zwei Überlegungen heraus entstanden“, erläutert Dr. Burkert. „Zum einen haben wir uns während der Pandemie und der damaligen Flaute im Luftfahrtsektor gefragt, wo wir unsere Kompetenzen noch gewinnbringend einsetzen können. Zum anderen wollten wir auf unserem Firmendach eine Solaranlage installieren, fanden aber kaum Dienstleister, die dafür Zeit hatten. Die Auftragsbücher waren alle voll. So kamen wir auf die Idee: Warum nicht einfach selbst machen?“

Mittlerweile arbeiten rund zehn Angestellte in der Schwesterfirma, die im Gewerbe- aber auch Privatbereich Photovoltaikanlagen und Akkusysteme installiert. Zudem beteiligen sie sich zusammen mit der Hochschule Bremen an Förderprojekten, wie etwa „Café Sand goes Green“. Unterstützt von der Wirtschaftsförderung Bremen untersuchen sie darin Möglichkeiten, wie Gewerbebetriebe möglichst energieautark werden können, indem sie die Energie aus Solaranlagen verbrauchen oder zwischenspeichern. Zudem ist auch die AES selbst im Spiel, denn hier wollen sie die Li-Fi-Datenübertragungstechnologie in der Praxis erproben. „Wir nutzen so Synergien zwischen beiden Firmen“, so Dr. Burkert weiter.

Zentrale AES
Der Unternehmenssitz in der Airport-Stadt: Mithilfe von WFB und BAB gewachsen © AES

Bremer durch und durch

Die Solaranlage auf dem eigenen Firmendach ist mittlerweile errichtet und erzeugt nachhaltig Energie für den Betrieb in den Büros und Produktionshallen. Diese – wie auch das große Lager – wurden mithilfe von Institutionen wie der WFB und der BAB – Die Förderbank für Bremen und Bremerhaven – in den vergangenen 20 Jahren gebaut. In mehreren Förderprojekten unterstützte die Bank das Bremer Unternehmen aus der Airport-Stadt, unter anderem mit Investitionsmitteln aus dem Landesinvestitionsförderprogramm LIP.

„Wir arbeiten immer wieder gerne mit der WFB und BAB zusammen. Wir haben gute Erfahrungen gemacht und freuen uns über die Unterstützung, die Bremer Unternehmen so zuteil wird. Auch deshalb ist Bremen der ideale Standort für uns. Wir hängen sehr an der Hansestadt“, sagt Dr. Burkert. Und fügt hinzu: „Bremen hat ein gutes Image als Luftfahrtstandort, aber viele denken zuerst an Flugzeugbau und Airbus. Wir zeigen, dass Bremen auch im Bereich der Elektrik und Elektronik Spitzenleistungen erbringen kann!“

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