Neben zwischenmenschlichen Faktoren hatte auch die Architektur Einfluss auf das psychische Wohlbefinden. Ihre gesammelten Erkenntnisse hierzu bringt Heinicke nun in ein neues Projekt ein. Am Bremer ZARM baut sie mit ihrem Team eine Wohnanlage, die später auf dem Mond oder dem Mars einsetzbar sein könnte.
Abschirmung gegen kosmische Strahlung
„Bremen als Raumfahrtstandort ist prädestiniert dafür, ein solches Habitat zu entwickeln“, sagt Heinicke, die nach Studien- und Berufsstationen im thüringischen Ilmenau, in Schweden, Finnland und eben auf Hawaii nun an die Weser gezogen ist. Während bisher gebaute Anlagen, in denen Versuche zum Zusammenleben in außerirdischen Umgebungen durchgeführt wurden, in erster Linie psychologischen Studien und Trainingszwecken dienten, soll im aktuellen Projekt MaMBA (Moon and Mars Base Analog) nun erstmals der technische Aspekt im Zentrum stehen. „In der Vergangenheit hatten entsprechende Habitate grundlegende technische Mängel. Die wollen wir beseitigen“, erläutert die Wissenschaftlerin. So bestanden bereits konzipierte Wohn- und Arbeitsräume üblicherweise aus einem zusammenhängenden Komplex, was zum Beispiel im Fall eines Feuers fatale Folgen hätte, da die Bewohner nirgendwohin ausweichen könnten. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Entwickelung einer Abschirmung gegen kosmische Strahlung, da Letztere andernfalls zu schweren gesundheitlichen Problemen führen würde.
Labormodul macht den Anfang
Welche Form sollte die Anlage idealerweise haben? Welches Material ist am besten geeignet? Wie müssen die Räume ausgestattet sein, damit die Bewohner darin optimal arbeiten können und sich zugleich wohlfühlen? Fragen wie diese sind es, die Heinicke und ihr Team während der zweieinhalbjährigen Projektlaufzeit beantworten wollen. Geplant ist die Konstruktion unabhängiger Module, die durch ein Schleusensystem miteinander verbunden sein sollen. „Wir fangen an mit einem Labormodul, in dem sich biologische, geologische und vielleicht auch chemische Experimente durchführen lassen“, berichtet die 32-Jährige. „Dafür arbeiten wir eng mit unterschiedlichen Wissenschaftlern zusammen, um zu erfahren, was sie brauchen und welche Versuche auf dem Mond oder auf dem Mars interessant sein könnten.“ Aktuell sind Architekten und Ingenieure mit dem Design beschäftigt. Die Projektleiterin hofft, dass das erste Modul bis zum Ende des von der Klaus Tschira Stiftung geförderten MaMBA-Projekts fertig gebaut und komplett ausgerüstet sein wird. „Ich gehe davon aus, dass beim ersten Mal noch nicht alles optimal gelingt. Für die kommenden Module können wir dann aus unseren Erfahrungen lernen und die Anlage weiter verbessern.“
Identische Form, unterschiedliche Ausstattung
Geht es nach ihr und ihrem Team, soll es danach mit den weiteren Bausteinen der Anlage weitergehen. Da jedes Modul gleich aussehen wird, lassen sich die Außenhüllen vergleichsweise schnell nachbauen, lediglich die Luftschleusen werden sich im Design stark von den restlichen Modulen unterscheiden. Für zunächst vier weitere geplante Einheiten müssen die Wissenschaftler dann „nur noch“ die Inneneinrichtung entwerfen: für die Küche, die Schlafzimmer, das Lager inklusive Werkstatt sowie für ein multifunktionales Modul, in dem Gewächshaus und Sportgeräte untergebracht werden sollen.