Künstliche Intelligenz und der Mensch
Wie viele neue Technologien, schürt auch die KI Ängste. Eine berühmt gewordene Studie der Universität Oxford analysierte im Jahr 2013, dass 47 Prozent alles US-Jobs durch Automatisierung in Gefahr seien, ein erheblicher Anteil davon durch KI. Solche Zahlen schüren Ängste, die durchaus zu realen Handlungen führen: So berichtet Waymo, die Googletochter für automatisiertes Fahren, dass ihre Testfahrzeuge mehrfach mit Messern und Steinen angegriffen wurden. Ist die KI also eine Gefahr für den Mensch? Eine bitkom-Umfrage zeichnet ein geteiltes Bild: 62 Prozent der Deutschen halten KI vor allem für eine Chance, 35 Prozent für eine Gefahr. Auch eine Umfrage unter Managern ergab, dass 42 Prozent von ihnen Vorbehalte der Belegschaft beobachteten.
Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Die KI wird zweifellos Arbeitskraft vom Menschen übernehmen, und wenn sie es tut, dann vollumfänglich – das heißt, für diese eine Aufgabe wird kein Mensch mehr nötig sein. Das sind meistens Aufgaben, deren Spaßfaktor eher gering ist, ihrer Art nach monoton und repetitiv: Überwachungsvideos anschauen, Standardanfragen beantworten, Dokumente durchsuchen.
Gleichzeitig werden aber neue Jobs entstehen, welche durch die innovativen KI-Geschäftsmodelle getragen werden. Menschen haben dann mehr Zeit, ihre Arbeitskraft für neue Aufgaben einzusetzen, weil sie mit der KI zusammenarbeiten. So könnten Anwälte mehr Zeit mit Klienten verbringen, anstatt stundenlang Akten zu durchforsten. Klar ist damit auch: Es braucht mehr Bildung, um Menschen auf ihre neuen Aufgaben vorzubereiten und ihnen die Fähigkeiten an die Hand zu geben, mit KI-Systemen zu arbeiten.
Und, um ehrlich zu sein, eine wirkliche Wahl haben wir nicht. Denn die KI hat schon längst Einzug in den Alltag erhalten und beinahe jeder nutzt sie heute schon, wenn auch unbewusst – ob im Handy, bei Überweisungen oder bei der Navigation. Es wird noch einige Zeit dauern, bis KIs uns überall begegnen, aber diese Zeitpunkt wird eher früher als später kommen, denn sobald ein Bereich von der KI profitiert, wird er massive Vorteile gegenüber seinen menschlichen Pendants haben und sie damit vom Markt verdrängen.
Gleichwohl ist es wichtig, darüber zu reden und sich zu fragen, wo die Ethik in der Maschine steckt. Hier geht es nicht nur um Verantwortung („Wer ist schuldig, wenn die Maschine einen Unfall baut?“), sondern auch die Frage, wie wir Arbeit künftig gestalten wollen.
Die natürliche Dummheit in der künstlichen Intelligenz
KIs sind vom Menschen gemacht – und unterliegen damit einem natürlichen Problem: Eine Intelligenz, die den Mensch nachahmt, ist auch seinen geistigen Beschränkungen unterworfen. Eine davon ist Bias, englisch für Befangenheit.
Ein Beispiel: Die KI-Expertinnen und Experten von Amazon entwickelten 2014 eine KI, die Bewerbungsunterlagen automatisch auswertete und sortierte. Dazu trainierten sie das neuronale Netz mit Bewerbungen aus den vergangenen zehn Jahren. Als die KI trainiert war, mussten sie feststellen, dass der Algorithmus unter neuen Bewerbungen nur noch diejenigen von Männern auswählte. Grund: Unter den früher Eingestellten waren überdurchschnittlich viele Männer, wie in der Tech-Branche üblich. Die KI erstellte daraus die Regel: Nur noch Männer einstellen. (Quelle) Der Fehler lag in der Auswahl und Vorbereitung der Daten. Amazon verwarf das Experiment schlussendlich, Bewerbungen wurden weiterhin manuell durchsucht.
Das Beispiel zeigt, dass der Mensch beim Design einer künstlichen Intelligenz großen Wert bei der Auswahl repräsentativer Daten legen muss – und sich bewusst ist, dass er, in dem er die Daten auswählt und aufbereitet, vielleicht bereits schon befangen ist. Dieses Dilemma lässt sich nicht einfach lösen und muss bei jedem Design einer KI bedacht werden. Auch deshalb lohnt ein Blick von außen, die Zusammenarbeit mit einem Partner und Experten in Sachen KI.
Denn letztlich wird jede KI von einem Menschen programmiert – und wo unsere Intelligenz anfängt und endet, wissen wir ja.
Zum Schluss noch eine kurze Zusammenfassung, darüber, was künstliche Intelligenz ist:
- KI ist der Versuch, menschliches Lernen und Denken auf den Computer zu übertragen
- Starke KI, also generelle Problemlösungsmaschinen, gehören in den Bereich der Science Fiction, schwache KI finden in unserer heutigen Welt immer breitere Verwendung, ob in Handys, in Webseiten, sozialen Medien oder selbstfahrenden Autos
- KIs sind überall dort gut, wo viele Daten analysiert und nach Mustern durchforscht werden können
- Maschinelles Lernen ist das derzeit kommerziell wichtigste Teilgebiet der KI
- KIs benötigen Daten als Grundlagen, das können neben Zahlen auch Bilder, Videos oder Töne sein
- KIs können Daten besser, genauer und schneller verarbeiten als Menschen, sie können sie aber nicht verstehen
- KIs werden nur für ganz bestimmte Zwecke programmiert ("trainiert") und müssen für andere Zwecke wiederum neu trainiert werden
- KIs werden Aufgaben von Menschen übernehmen, gleichzeitig aber auch neue Geschäftsfelder und damit Arbeitsplätze schaffen
- KIs können die Daten nicht verstehen, werden sie mit fehlerhaften Daten gefüttert, liefern sie fehlerhafte Ergebnisse
Nachdem wir uns jetzt mit den Grundlagen befasst haben, geht es ans Eingemachte: Erfahren Sie hier, was es mit Schlagworten wie Machine Learning, Neuronalen Netzen oder Deep Neural Networks auf sich hat und wie eine KI “denkt”.
Linktipp: Kostenloser KI-Onlinekurs
Die finnische Regierung hat einen Onlinekurs veröffentlicht, der eine für jedermann verständliche Einführung in die Künstliche Intelligenz bietet. Der Kurs behandelt neben Grundlagenwissen Themen rund um die "Philosophie der KI", zeigt reale Anwendungsbeispiele und befasst sich mit gesellschaftlichen Fragestellungen.
Den Kurs gibt es in zahlreichen Sprachen, kostenlose Anmeldung unter: https://www.elementsofai.de/
KI auf die Ohren
Im Podcast "Think Reactor" aus Bremen unterhalten sich zwei Experten, Roland Becker und Sirko Straube, regelmäßig über brennende Fragen rund um die KI - ob es jetzt um Arbeit, Bildung, Datenschutz oder ähnliches geht. Dabei bleiben sie stets allgemeinverständlich und führen auch Neulinge behutsam an die komplexen Themen heran.