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2.9.2020 -

Briefe aus China: Ausgabe Herbst 2020

Internationales

Informationen und Wissen rund um Wirtschaft und Investitionen in China

Titelbild Briefe aus China / Shanghai
© WFB

Hainan ist bisher im Westen eine der eher unbekannteren Provinzen Chinas. Dank einer neuen Freihandelszone könnte sich das zumindest in der Geschäftswelt bald ändern.

Aus Shanghai berichtet Wang Lu, Direktorin des Bremeninvest-Büros, und gibt uns alle vier Monate einen Überblick über Trends, Chancen und neue Entwicklungen im Land. Wenn Sie diesen Länderbrief regelmäßig als Newsletter erhalten möchten, melden Sie sich gern hier an.

Wie Unternehmen von der Freihandelszone Yang Pu in Hainan profitieren

Industrie zwischen Palmen: Hainan entwickelt sich rasant, sowohl im Tourismus als auch in Logistik und Industrie
Industrie zwischen Palmen: Hainan entwickelt sich rasant, sowohl im Tourismus als auch in Logistik und Industrie © pixabay

Hainan ist die südlichste Provinz und zugleich größte Insel der Volksrepublik. Sie gilt als „Hawaii Chinas“ und ist dank ihrer Sandstrände und tropischen Temperaturen eines der beliebtesten Reiseziele im Land. Neben dem Tourismus soll die Insel, die bis in die 90er Jahre noch zu den ärmsten Regionen Chinas gehörte, künftig auch im Handel eine bedeutendere Rolle spielen.

Die Sonderwirtschaftszone Hainan liegt verkehrsgünstig im südchinesischen Meer auf halbem Weg zwischen Vietnam, Thailand und Malaysia im Westen und Hongkong, Taiwan und der Metropolregion Perlflussdelta rund um die Megastädte Shenzhen und Guangzhou im Osten. Als Teil der Seidenstraße (Belt and Road Initiative) dient Hainan zudem als verlängerter Arm auf der Nord-Süd-Verkehrsachse zwischen Russland, der Mongolei und den nördlichen Provinzen Chinas hin zu den südostasiatischen Staaten.

Freihandelshafen Yang Pu

Eine Schlüsselrolle in diesem Plan spielt der Hafen Yang Pu im Norden der Insel. Bisher wurden dort vor allem Güter aus der Petrochemie, Papierproduktion, Bauindustrie oder Nahrungsmittel verschifft. Mit einem neuen Infrastrukturprojekt der chinesischen Regierung soll das Areal nun auch in der Warenlogistik und im Im- und Exportgeschäft eine tragende Rolle spielen.

Bis 2025 entsteht hier eine mehr als 120 Quadratkilometer messende Freihandelszone mit einer Kapazität von bis zu fünf Millionen Containern pro Jahr (Vergleich: Bremerhaven als viertgrößter nordeuropäischer Hafen prozessiert 4,9 Millionen Container pro Jahr). Sie soll sowohl die Region ökonomisch entwickeln, als auch Last von den großen Häfen wie Shanghai oder Shenzhen im Transshipment-Geschäft (Container-Versand) nehmen. Bereits heute erreichen jährlich rund eine Million Container den Hafen Yang Pu. Die Freihandelszone, seit 2018 im Pilotbetrieb, soll spätestens 2025 ausgebaut und 2035 voll entwickelt sein.

Von Zollfreiheit profitieren

Für Unternehmen aus Europa kann die Freihandelszone rund um Yang Pu zu einem Sprungbrett nach China werden. Sie bringt einige attraktive Steuervorteile mit sich:
So werden Waren, die zu mehr als 30 Prozent in Hainan entstehen (Wertschöpfungsanteil) von Einfuhrzöllen in Festlandchina befreit. Zudem fallen Einfuhrzölle, Einfuhr-Mehrwertsteuer  und Verbrauchsteuern für den Import von Produktionsanlagen, Fahrzeugen oder Roh- und Hilfsstoffen, die für die Produktion in Hainan benötigt werden, weg. Die Körperschaftssteuer für Unternehmen im Freihandelshafen wird von 25 Prozent auf 15 Prozent gesenkt, ebenso wie die Einkommensteuer für hochqualifizierte Fachkräfte.

Damit wird der Inselhafen vor allem für Unternehmen interessant, die eine eigene Teil- oder Vollfertigung in China anstreben. Sie profitieren zudem von der Nähe zu der bevölkerungsreichsten und damit absatzstärksten Region der Volksrepublik. Für Firmen besteht die Möglichkeit, in Yang Pu Hallenflächen anzumieten oder Land zu pachten, um darauf eigene Fabrikgebäude zu errichten.

Daneben gibt es noch eine ganze Reihe an weiteren bürokratischen und regulatorischen Erleichterungen, welche die gesamte Insel Hainan für Investitionen aus dem Ausland attraktiver machen sollen, sowie dabei helfen, Infrastruktur und Innovationen zu entwickeln.

Die Zeit für TikTok tickt – was ist Social Media im China-Marketing wert?

Bildschirm Smartphone mit Tiktok-Logo
© pixabay

Die Kontroverse um das amerikanische Geschäft der populären, chinesischen Social-Media App TikTok ging in den vergangenen Wochen um die Welt. Per Dekret verbot der amerikanische Präsident Trump dem Mutterunternehmen ByteDance den Weiterbetrieb der App in den USA. Neben rechtlichen Schritten ist das Unternehmen gezwungen, nun nach einem Käufer für das amerikanische Onlinegeschäft zu suchen.

In China selbst ist TikTok nur unter dem Namen Douyin bekannt und gehört mit 500 Millionen Nutzerinnen und Nutzern noch nicht einmal zu den größten sozialen Netzwerken des Landes. Platzhirsch ist WeChat, eine Superapp, die zahlreiche Funktionen vereint – so zum Beispiel einen Zahlungsdienst, der auch in Europa von immer mehr Unternehmen akzeptiert wird (wir berichteten). An zweiter Stelle folgt Weibo, ein Microblogging-Dienst, ähnlich zu Twitter, an dritter Stelle Tencent QQ, eine populäre Chat-App. Danach folgt Youku – das chinesische Pendant zur Videoplattform Youtube.

Es gibt noch zahlreiche weitere Netzwerke – und viele von ihnen werden auch für westliche Unternehmen als Werbeplattform zunehmend interessant. Ähnlich wie im Westen lassen sich dort Werbekampagnen veröffentlichen. Besonders im Konsumgeschäft sind Influencerinnen und Influencer wichtige Multiplikatoren – die aufgrund der großen Reichweite schnell Millionen an Nutzerinnen und Nutzern erreichen kann. Für westliche Unternehmen ist es wichtig, sich mit den typischen Gepflogenheiten jedes Netzwerks auseinanderzusetzen, denn natürlich hat jede Plattform ihre Eigenheiten.

Hier haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Agenturen auch im Westen auf das Chinageschäft spezialisiert. Ein interessantes Beispiel dafür ist Hotnest. Das chinesische Unternehmen wurde vom deutschen Fabian von Heimburg zusammen mit dem Chinesen Mu Qing in China gegründet – eine Besonderheit, die sich herumgesprochen hat. Von China aus expandiert Hotnest jetzt in den Westen und bietet Unternehmen Echtzeitanalysen von Social-Media-Trends an.

Ein Bremer Beispiel ist die Regroup – eine Agentur des alteingesessenen Bremer Handelsunternehmens Melchers, unter anderem spezialisiert auf digitale Kommunikation in Schwellenländern wie China oder Indien.

Chinesische Unternehmen investieren in Bremen

Schiffscontainer mit der Aufschrift China
© WFB/Lehmkühler

In den vergangenen 17 Jahren konnte die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) mehr als 150 chinesische Unternehmen in Bremen begleiten. Im Reich der Mitte wird die Hansestadt vor allem wegen des Hafenstandorts geschätzt, aber auch als gutes Sprungbrett für den Start ins Europageschäft.

Mit LED erfolgreich von China nach Bremen

David Zhou von Barite europaweiter Versandhandel für LED
© WFB

Ein Beispiel für ein erfolgreiches Business aus Bremen heraus liefert David Zhou, der vor sieben Jahren nach Bremen kam und hier einen europaweiten Versandhandel für LED betreibt. Das Besondere: In China unterhält er eine eigene Fertigung mit 60 Angestellten

Linktipp: Eine Reise nach Shenzhen

Titelbild Briefe aus China
© pixabay

Die Millionenstadt Shenzhen gilt als die Tech-Metropole Chinas und verändert sich rasant. Schwergewichte wie Tencent oder Huawei kommen aus der südchinesischen Stadt. Aus Sicht eines Europäers hat die Zeit einen lesenswerten Reisebericht (noch vor der Coronakrise) verfasst.

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