Warum TikTok für kleine und mittlere Unternehmen? Lohnt sich das? Ja, es kann sich lohnen – wichtige Tipps und Tricks sowie ein Erfahrungsbericht aus der Praxis für Unternehmen, die selbst einen Kanal eröffnen wollen. Mit einem Beispiel aus dem Bremer Stadtmarketing.
Mehr als 1,3 Milliarden Menschen weltweit nutzen TikTok – und schauen sich den endlosen Strom an lustigen, interessanten und informativen Kurzvideos auf ihren Geräten an. Mit einer Maximaldauer von drei Minuten pro Video geht es vor allem um schnell zu konsumierende Inhalte. Wie bei jedem anderen sozialen Netzwerk auch, legen sich Nutzerinnen und Nutzer eigene Profile an und sammeln dort Fans, denen die Inhalte bevorzugt angezeigt werden.
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Das soziale Netzwerk mit Ursprung in China (dort gibt es eine eigene Version namens Douyin) wächst seit Jahren rasant. In Deutschland nutzen inzwischen 16 bis 20 Millionen Menschen regelmäßig die App. Der Reiz von TikTok liegt in seinem intelligenten Algorithmus: Schon nach kurzer Zeit lernt die App, was den Userinnen und Usern gefällt. Sie ist wahnsinnig gut darin, Menschen zum Weiterschauen zu verleiten und dann bei der Stange zu halten. Im Nu werden aus „nur 5 Minuten“ eine Stunde und mehr.
Im Gegensatz zu anderen Netzwerken, wo eine hohe Reichweite nur mit vielen Followern zustande kommt, verbreiten sich bei TikTok Videos auch von Accounts mit nur sehr wenigen Likes – wenn sie kreativ und interessant sind. Das erleichtert den Einstieg, auch kleine Unternehmen können so eine große Reichweite erzielen.
Für viele Marken und Unternehmen erweist TikTok deshalb als ein attraktiver Kanal, mit einer jungen und konsumorientierten Zielgruppe:
Jein – TikTok begeisterte bisher tatsächlich vor allem jüngere Menschen, hauptsächlich die Zielgruppe „U19, weiblich“. Aber schon längst machen die lustigen und kreativen Kurzvideos vor Altersgrenzen keinen Halt mehr. Wie bei anderen sozialen Netzwerken auch, wächst das Durchschnittsalter, je mehr Menschen die App erreicht. Heute liegt es bei 19 Jahren und steigt zunehmend weiter an.
Damit verändern sich auch die Inhalte: Mittlerweile gibt es für jede Nische, für jedes Interesse eigene TikTok-Kanäle. Neben leichter Unterhaltung wie „Challenges“, neuen Tänzen oder Sketchen stoßen auch Modelleisenbahner, Programmiererinnen oder Hobbyköche auf ihre Interessen. Als Werbekanal wird das Netzwerk somit jeden Tag relevanter.
Im Gegensatz zu Plattformen wie Instagram geht es bei der Kurzvideo-App nicht darum, sich im besten Licht zu präsentieren, sondern authentisch, nahbar, lustig und kreativ zu sein. Dementsprechend müssen auch Bild und Ton nicht perfekt sein. Ein modernes Smartphone reicht für die meisten Aufnahmen aus, zum Bearbeiten des Videos langt der eingebaute Video-Editor – wer es etwas professioneller angeht, kann auch eine externe App aus dem Appstore nehmen.
Somit muss auch kein eigenes Vollzeit-Social-Media-Team hinter dem Kanal stecken – auch Einzelkämpferinnen und Einzelkämpfer erreichen viel. Manche Aufnahmen lassen sich besser im Team realisieren, Improvisationstalent und grundlegendes Equipment wie ein Stativ oder einfache Ringlichter bringen einen jedoch erstaunlich weit.
Der WFB-Kanal heißt „visitbremen“. Dort zeigen wir, was Bremen spannend, schön und erlebenswert macht. „Bremerinnen und Bremer wie auch Touristinnen und Touristen kennen viele Orte in der Stadt gar nicht. Deshalb nehmen wir die Vielfalt Bremens in den Fokus, zeigen etablierte Plätze, aber auch Geheimtipps“, so Laura Peper, Redaktionsvolontärin bei der WFB. Sie arbeitet im Geschäftsbereich Marketing und Tourismus, Abteilung bremen.online, die auch das Stadtportal bremen.de wie auch viele weitere soziale Medien betreut.
Das Ziel des Bremer Stadtmarketings bei TikTok: Eine junge Zielgruppe zu erreichen, die auf Facebook und Instagram nicht zu finden ist und auch wenig Fernsehen, Radio oder Zeitschriften konsumiert.
„Der neue TikTok-Kanal ergänzt unsere bisherigen Auftritte in den sozialen Medien wunderbar. Wir können hier hervorragend unsere klassischen Sehenswürdigkeiten und ungewöhnliche Bremen-Hotspots für eine junge Zielgruppe darstellen“, bestätigt auch Oliver Rau, Geschäftsführer der WFB. „Und das gilt eben nicht nur für Bremen. Wir erreichen hier zusätzlich ein überregionales, sogar internationales Publikum. Unser Ziel ist es, nicht nur Bremerinnen und Bremer auf die interessanten Angebote der Stadt hinzuweisen, wir wollen natürlich auch neue Gäste für eine Reise nach Bremen gewinnen. Der dritte Pluspunkt: Wir stärken den Einzelhandel, indem wir gezielt die Angebote präsentieren, die für die junge Zielgruppe interessant sind.“
Der Plan geht dabei auf, 7.000 Follower hat der Account in den ersten sechs Monaten gesammelt. Einige TikToks erzielen dabei eine sehr viel größere Reichweite: So erreicht das Video über das „Bremer Loch“ 180.000 Aufrufe oder ein Video über die Bremer Arcade-Halle 300.000 Aufrufe. Hier zeigt sich, dass der Algorithmus gute Ideen belohnt – wie etwa Orte der Öffentlichkeit vorzustellen, die viele noch gar nicht kennen, obwohl sie mitten in Bremen liegen.
„Nicht jede Idee läuft gleich gut. Damit muss man leben. Und lernen zu experimentieren“, weiß Peper.
„Man kann Tiktok nicht einfach nebenbei machen“, führt sie weiter aus. In der Bremen.de-Redaktion arbeiten drei Content-Profis – neben weiteren Tätigkeiten – an dem Kanal. Regelmäßig setzen sie sich zusammen, um kreativ zu sein und neue Ideen zu sammeln, die dann auf einem Planungsboard landen. „Wir planen jeweils bis zur nächsten Woche, haben aber viel mehr Ideen in petto, falls mal etwas nicht klappt.“
Denn: Der TikTok-Algorithmus liebt regelmäßige Aktivität. Dreimal in der Woche versucht das Team, einen neuen Beitrag zu posten. Um Zeit zu sparen, drehen sie dabei gleich mehrere Ideen an einer Location und haben so Material, das sie auch später noch verwenden können. Und erstellen zudem Content für weitere Kanäle wie Instagram oder Facebook.
Häufig geht es aber auch darum, spontan auf Trends zu reagieren – ob es nun neue Tänze zu Musikausschnitten sind oder lustige Memes. „Wer TikTok macht, muss auch selbst auf der Plattform unterwegs sein und gut finden, was da passiert. Man muss die Sprache der Plattform sprechen und sich nicht allzu ernst nehmen. Hochglanzvideos aus dem Archiv funktionieren da nicht“, erklärt die Volontärin. Die Zweitverwertung von Inhalten aus anderen Plattformen – etwa Instagram oder Facebook – gelingt dabei jedoch eher selten, da etwa Posts für Instagram eine andere Ästhetik haben.
Bremen wirbt als eine der wenigen Städte aktiv auf TikTok. Fans reagieren begeistert mit positivem Feedback und melden sich regelmäßig mit Fragen und Kommentaren. Neu startet das Team mit Livestreams. „Eine tolle Möglichkeit, um mit den Nutzerinnen und Nutzern live in Kontakt zu treten. Wir waren zum Beispiel gemeinsam auf dem Freimarkt und haben dort die Zuschauenden entscheiden lassen, was wir als nächstes essen. Nach kurzer Zeit vergisst man, dass eine Kamera dabei ist“, plaudert Peper aus dem Nähkästchen. Diese Streams lassen sich aus rechtlichen Gründen nicht im Nachhinein ansehen. Ohnehin empfiehlt sich: Wer Videocontent in der Öffentlichkeit macht, sollte ein Seminar zu Rechtsgrundlagen besuchen.
Das soziale Netzwerk möchte vor allem Menschen verbinden. Für Kanalbetreiberinnen und -Betreiber heißt das: persönlichen Content und wiederkehrende Gesichter zeigen. „Es ist okay, wenn mehrere Personen vor der Kamera sind. Sie müssen Spaß daran haben, sich zu zeigen. Am Anfang war das auch für uns ungewohnt – etwa Tänze auf dem Marktplatz aufzunehmen. Mit der Zeit gewöhnt man sich daran“, so die 28-jährige.
Würde Peper jetzt sagen, dass sich ein TikTok-Account für jedes Unternehmen lohnt? Ja und nein. Für B2C-Unternehmen lohne sich ein Account noch eher als für B2B-Unternehmen, auch wenn es hier sehr interessante Best-Practices gibt (siehe unsere Beispiele). Vor allem Unternehmen aus der Konsumbranche finden hier ihre junge Zielgruppe.
Ob sich ein eigener Account lohnt, lässt sich daran erkennen, was in der eigenen Nische passiert: Gibt es schon ähnliche Unternehmen, die auf TikTok unterwegs sind? Was machen die? Welche Inhalte laufen da gut – und kann man selbst ähnliche Inhalte produzieren?
Neben der Zielgruppe sind auch die eigenen Kapazitäten ein wichtiger Faktor. Denn auch wenn die App keine hochpolierten Glanzvideos erwartet, kostet die Erstellung von Videos Zeit: Ideen suchen und ausarbeiten, Videos erstellen und schneiden, auf der App mit der Community interagieren – da steckt Arbeit dahinter. Wer in den Kanal investiert, braucht eine klare Strategie. Auch einzelne Personen können viel erreichen, sollten aber ein paar Stunden in der Woche für neues Material und Ideenfindung einplanen.
Wem die Kapazitäten für einen eigenen Kanal fehlen, erreicht trotzdem die Zielgruppe, wenn er Werbung schaltet. Denn auch ohne eigenen Auftritt können Unternehmen auf TikTok Werbung buchen. Das Plattform zeigt diese Beiträge Nutzerinnen und Nutzern dann in ihrem Stream – natürlich als Werbung markiert. Die App hat verschiedene Werbeformate kreiert, mit ganz unterschiedlichen Kosten. Einen Einstieg bietet die Businessseite: https://www.tiktok.com/business/de
Aber auch bei Werbung gilt: Sie muss zur Bildsprache der App passen. Und daher extra für TikTok erstellt werden.
Viele bekannte Marken wie Nike oder Adidas posten natürlich längst in dem sozialen Netzwerk. Sich die Auftritte dieser Konzerne anzusehen, bringt aber kleine und mittlere Unternehmen oft nicht weiter: Reichweite und Markenbekanntheit der Konzerne sind ohnehin riesig und die Social-Media-Budgets größer als der gesamte Jahresumsatz eines kleinen Mittelständlers.
Gerade im B2B-Umfeld kommt das Problem hinzu, dass die eigenen Produkte oft zu technisch und abstrakt scheinen, um sie für ein soziales Netzwerk wie TikTok zu präsentieren – findet sich überhaupt eine Zielgruppe für mein Produkt? Deshalb müssen Firmen sich ganz genau überlegen, was sie erreichen wollen.
Aus einem ehemaligen Fahrgastschiff hat die Hochschule für Künste Bremen einen beweglichen Raum für Kunst gemacht. Nutzen können die „Dauerwelle“ Studierende und Lehrende für Ausstellungen, Konzerte oder Lesungen. Besucherinnen und Besucher sind willkommen.
Mehr erfahrenSchon als Kind haben ihn Filme begeistert. Als Erwachsener gründete Matthias Greving die Produktionsfirma Kinescope und initiierte das renommierte Bremer Filmfest. Ein Blick über die Schultern eines Bremers, den seine Neugierde permanent vorantreibt.
zur Film-GeschichteStevie Schulze, Julia Schulze-Windhoff und Florian Wolff haben mit ihrem Geschäft Made in Bremen den ersten Platz im Bestandskunden-Wettbewerb „Neu gedacht - neu gemacht“ der WFB belegt. Mit dem Gewinn haben sie nicht nur ihr Ladengeschäft vergrößert und modernisiert, sondern setzen den Fokus auf ganz besondere Aspekte der Bremer Geschichte.
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