Tee liegt nicht nur in Bremen im Trend: Der Konsum befindet sich auf einem Allzeithoch. 2020 tranken die Deutschen im Durchschnitt 28,3 Liter Schwarz- und Grüntee und 42 Liter Früchte- und Kräutertee. Davon profitiert auch das Land Bremen, das wegen seiner Häfen und zahlreicher Händler als eine Teehochburg gilt. Der Handel mit Tee hat hier Tradition, von der auch junge Unternehmen profitieren.
„Junge, trink mehr Tee. Das ist gesund“, empfahl der Vater von Timo-Noé Chitula seinem Sohn. Tee – das war für den Vater ein starker Earl Grey im Beutel. Heute muss Timo-Noé Chitula lachen, wenn er diese Episode aus seiner Kindheit erzählt. Nicht nur, weil er nach vielen Jahren tatsächlich zu einem passionierten Teetrinker geworden ist. Er handelt sogar damit: „My Cup of Tea“ heißt der Online-Shop, über den er seit 2016 losen Tee aus biologischem Anbau verkauft.
Neben Klassikern wie Earl Grey, Chai und Jasmin oder weißer Tee sowie Tees zum Selbermischen vertreibt das Start-Up auch handgemachte asiatische Teespezialitäten, die eher selten auf dem europäischen Markt zu bekommen sind. Zum Beispiel Pu-Erh-Tee. „Dieser Tee ist wie guter Wein, etwas für richtige Teeliebhaber“, schwärmt Chitula, der nur Mischungen aus Bestandteilen der Teepflanze (Camellia sinensis) verkauft. Früchte- oder Kräutertees seien lediglich teeähnliche Aufgüsse, erklärt der Experte.
Dass er aus der Hansestadt seinen Tee verschickt, hat nicht nur einen persönlichen Grund: „Bremen ist eine Teestadt. Die Ostfriesen haben uns sicherlich noch einiges voraus, was den Konsum angeht. Aber hier gibt es sehr viele Unternehmen, die Tee importieren oder verkaufen.“ Für Kundinnen und Kunden ist es aber nur selten offensichtlich, wie viel Bremen in ihrem Tee steckt – allein schon weil die Firmen die Hansestadt nicht im Namen tragen. Das Tee-Handels-Kontor Bremen ist da schon eher die Ausnahme – und fällt gleichzeitig komplett aus dem Rahmen. Das 1978 von einer Bremerin gegründete Unternehmen wird inzwischen als Marke von der Berliner Holzapfel & Cie. KG vertrieben und hat Filialen in ganz Deutschland.
Zu den traditionsreichsten Händlern gehört das Unternehmen Paul Schrader, das im Jahr 1921 von dem gleichnamigen Kapitän der kaiserlichen Marine gegründet wurde. „Paul Schrader hat seine Liebe zum Tee bei seinen Reisen durch Südostasien entdeckt. Sicherlich ist dabei auch die Idee gereift, sich mit einem Versandhandel selbstständig zu machen“, sagt Michael Rolf, der heute das Familienunternehmen führt.
Neben Tee boten Paul Schrader und seine beiden Gesellschafter ursprünglich auch Kaffee und Kakao an. Die erste, einseitige Preisliste aus dem Gründungsjahr beinhaltete sechs Sorten Tee und drei Sorten Kaffee, jeweils geröstet oder roh. Heute umfasst der Feinkost-Katalog der Paul Schrader GmbH über 200 Seiten und mehr als 1.500 Artikel – ein Drittel allein davon sind Tee oder teeähnliche Aufgüsse. „Tee macht etwa 45 Prozent unseres Umsatzes aus“, so Geschäftsführer Rolf.
Dem fast 100 Jahre alten Unternehmen ist es gelungen, einen Bogen in die Gegenwart zu schlagen: Neben Klassikern wie „Tee Nr. 6“, einer Mischung von First- und Second-Flush-Darjeeling Orange Pekoe, dessen schlichte Verpackung auch heute noch das charakteristische Teemännchen aus den 1920er-Jahren ziert, bietet Paul Schrader zum Beispiel auch Instant-Tee und aromatisierten Matcha an. „Wer ihn nicht für die japanische Teezeremonie verwenden will, kann damit auch Smoothies zubereiten oder kochen“, erläutert Rolf.
In den 1970er Jahren verlegte das in Bremen gegründete Unternehmen seinen Sitz nach Weyhe im niedersächsischen Umland. Dem Kontakt zur Hansestadt tat das keinen Abbruch: Die Paul Schrader GmbH lässt nicht nur den Tee seit Jahrzehnten durch die Bremer Berthold Vollers GmbH importieren und mischen. Mit dem Martinshof – eine Werkstatt für Menschen mit Behinderungen – übernimmt seit acht Jahren eine Bremer Einrichtung die Abfüllung und Verpackung. „Wir verstehen uns als traditionelles Bremer Unternehmen“, betont Rolf.
Die Kooperation zwischen Martinshof und der Paul Schrader GmbH ist eine klassische Win-win-Situation. Aus der Zusammenarbeit entstanden auch neue Ideen und Produkte. So stammen die Motive für den Tee-Adventskalender von den Künstlergruppen des Martinshofs. Unter dem Namen Bremer Senatstee vertreibt der Martinshof wiederum eigene Teemischungen, die er mit dem Teehändler kreiert hat.
Der Senatstee ist Teil einer inzwischen bundesweit bekannten Produktlinie Bremer Senatsprodukte, zu denen neben Tee auch Kaffee, Konfitüren, Honig, Kakao, Öle und sogar Wein gehören.
Ihren Anfang nahm die Eigenproduktion 2006 mit der Bremer Senatskonfitüre für das Senatsfrühstück, zu dem die Bremer Landesregierung jeden Dienstag vor ihrer wöchentlichen Sitzung im Rathaus zusammenkommt. Inzwischen arbeiten bis zu 80 Beschäftigte für diese Linie, die mit dem Preis exzellent:produkt der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen ausgezeichnet wurde. Mit dem Darjeeling First Flush Steinthal kam im September 2009 der erste Bremer Senatstee auf den Markt. In den Jahren darauf folgten der Bremer Senatstee Assam Blatttee Sewpur sowie der Babbeler-Tee, ein aromatisierter Schwarztee, der nach den traditionellen Bremer Zuckerstangen benannt ist und nach Pfefferminz und Anis schmeckt.
Die enge Verknüpfung zwischen Import und Handel zeigt sich nicht zuletzt bei The Betty Darling Company. Im Jahr 1991 gründete der Vater von Christoph Michaelsen den Teeversand. Name und Markenzeichen – ein Dreimaster unter britischer Flagge – entlehnte er dem Motiv des Künstlers William Webb. Das Mutterunternehmen Tee-Import W.B. Michaelsen & Co. gibt es allerdings schon seit dem Jahr 1885.
Dass sich das Unternehmen entschloss, einen Teil der Ware direkt zu vermarkten, hat auch mit der persönlichen Vorliebe von Christoph Michaelsen für ausgesuchte Tees aus China zu tun: „Wir waren der Ansicht, dass das Angebot an besonders hochwertigen Tees am Markt deutlich unterrepräsentiert war.“ Neben Raritäten aus Darjeeling und China sowie Spezialitäten aus Assam, Nepal und den Nilgiris hat The Betty Darling Company auch Earl Grey und eigene Mischungen im Angebot.
Wir möchten mit diesen Tees auch verwöhnte Teeliebhaber überraschen und begeistern.
Christoph Michaelsen, Geschäftsführer von The Betty Darling Company
Dem Tee schreibt der passionierte Branchenkenner enormes Potenzial zu – und das nicht nur geschmacklich, sondern auch wirtschaftlich. „Bremen wird als Teestadt weiterhin eine Rolle spielen“, ist er überzeugt.
Als Export- und Importstadt mit jahrhundertealter Handelstradition sitzen eine ganze Reihe weiterer Teehandelsunternehmen in Bremen. An dieser Stelle führen wir noch einige Unternehmen an, die in Bremen mit Tee handeln.
Mehr Infos über Tee in Bremen und die Orte, an denen man ihn am besten genießen kann, sind auf dem Blog der BTZ Bremer Touristik-Zentrale nachzulesen.
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