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27.11.2019 - Jann Raveling

Hat der Einzelhandel gegenüber dem Onlinegeschäft noch eine Chance?

Digitalisierung / Industrie 4.0

Bargeldloses Bezahlen, lokales Shoppen und Online-Services – was Menschen heute erwarten

Wie kann der Einzelhandel dem Onlinegeschäft paroli bieten? Eine Umfrage bringt Klarheit
Wie kann der Einzelhandel dem Onlinegeschäft paroli bieten? Eine Umfrage bringt Klarheit © Jonas Ginter

Einzelhandel gegen Onlinegeschäft – über die Zukunft des Einzelhandels wird seit Jahren diskutiert. Während die Umsätze im Ladengeschäft stagnieren oder nur langsam wachsen, prescht der Onlinehandel mit rund zehn Prozent Wachstum jährlich voran. Also keine Zukunft mehr für Offline?

Was wollen Käuferinnen und Käufer wirklich? Was erwarten sie vom Einzelhandel? Wollen sie überhaupt noch lokal einkaufen? Mit diesen und vielen Fragen hat sich eine „Kundenbefragung zu digitalen Services im Einzelhandel und der Touristikbranche“ beschäftigt, welche der Digitallotse der Wirtschaftsförderung Bremen beauftragt und mit dem Marktforschungsinstitut delta und dem Weser Kurier durchgeführt hat. Mehr zur Methodik der Umfrage zum Schluss dieses Artikels.

Wichtigste Erkenntnis: Einzelhandel nach wie vor relevant

„Es ist ein Mythos, dass sich Menschen zunehmend lokal informieren und dann online kaufen“, fasst Malte Breford eine auch für ihn überraschende Erkenntnis zusammen. Breford ist Digitallotse in Bremen, er hilft dem Einzelhandel, der Gastronomie und Touristik, den Wandel ins Digitale zu gehen.

Mehr als zwei Drittel aller Befragten gaben an, dass sie sich vor dem Kauf online informieren, dann aber lokal einkaufen – und nur 23 Prozent sagten umgekehrt, dass sie sich lokal informieren, um online zu kaufen.

„Das ist eine gute Nachricht für den Einzelhandel – heißt aber nicht, dass sich Händlerinnen und Händler bequem zurücklegen können“, warnt er.

Ohne Homepage geht es nicht
Ohne Homepage geht es nicht

Ohne Webseite hat der Einzelhandel keine Zukunft

Im Gegenteil: 85 Prozent der Befragten ist es wichtig, Informationen zu Produkten vorab online auf der Händlerseite abrufen zu können, zum Beispiel Beschreibung, Verfügbarkeit oder Lieferzeit. Und weitere 60 Prozent lassen sich gerne online von neuen Produkten inspirieren.

„Eine Webseite mit aktuellen Informationen und einem Überblick über das Sortiment ist heute ein Muss“, zieht Breford daraus Schlüsse. Zwar müsse nicht unbedingt ein Onlineshop und -Bestellsystem dahinterstecken, aber zumindest eine aktuelle Übersicht über das Sortiment. Beinahe drei Viertel der Nutzerinnen und Nutzer fänden zudem das Angebot attraktiv, Produkte online zu bestellen und sich dann liefern zu lassen oder zumindest vor Ort abzuholen. Einzelhändler müssen die Digitalisierung angehen, um zukunftsfähig zu bleiben.

Noch eine wichtige Erkenntnis für den Einzelhandel: Zwei Drittel der Befragten gaben an, dass sie sich durch Online-Recherchen besser informiert fühlen als durch die Beratung vor Ort. „Das Verkaufspersonal muss heute bestens geschult sein, denn Käuferinnen und Käufer kommen mit viel größerem Vorwissen in den Laden.“

Der Bremer Stadteinzelhandel ist das Arbeitsgebiet von Digital-Lotse Malte Breford
Der Bremer Stadteinzelhandel ist das Arbeitsgebiet von Digital-Lotse Malte Breford © WFB/Pusch

Wenig Präsenz in den sozialen Medien

Kaum wichtig ist Kundinnen und Kunden hingegen die Präsenz in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Instagram. Diese werden kaum als Informationskanal für Kaufentscheidungen wahrgenommen. „Es ist also nicht ganz so wild, wenn ein Geschäft dort nicht vertreten ist“, sagt Breford, schränkt jedoch ein: „Das hängt aber auch von der Zielgruppe ab. Den Jüngeren ist eine Präsenz deutlich wichtiger als den Älteren.“

Bargeldlos zahlen auf dem Vormarsch

Im Zahlverhalten sind moderne Bezahloptionen für viele Nutzerinnen und Nutzer attraktiv. Nur sechs Prozent gaben an, ausschließlich mit Bargeld zu zahlen. Kontaktloses Bezahlen per EC-, Kreditkarte oder Handy wird bereits von der Hälfte der Befragten genutzt. Vor allem die Karte: Nur rund 20 Prozent nutzen bisher das Smartphone, in Zukunft können sich aber 60 Prozent die Nutzung von Mobile Payment wie beispielsweise Apple Pay oder Google Pay vorstellen.

Wenn eine Händlerin oder ein Händler bei kleinen Beträgen keine bargeldlosen Optionen anbietet, hätte knapp die Hälfte dafür Verständnis. Aber: Jeder Dritte hat schon einmal einen Kauf abgebrochen, weil er kein Bargeld dabei hatte und nicht mit Karte zahlen konnte.

„Viele sagen, dass sie Geld holen und später wiederkommen, aber die Erfahrung zeigt: Das passiert nicht. Die Chance ist vertan. Der Einzelhandel und die Gastronomie sollten daher bargeldloses Zahlen auf jeden Fall anbieten“, empfiehlt Breford.

Mobiles Zahlen auf dem Vormarsch - bei den Jüngeren mehr als bei den Älteren
Mobiles Zahlen auf dem Vormarsch - bei den Jüngeren mehr als bei den Älteren

Hohe Gebühren seien kein Argument gegen die Einführung, denn bargeldlose Bezahloptionen kosten nur einen Bruchteil des Umsatzes und nur prozentual – stehen also auch kleinen Beträgen nicht im Weg. Geräte seien auch nicht teuer. „Und jedes moderne Kartenlesegerät kann auch kontaktlos und mobil Zahlungen verarbeiten, ohne Zusatzkosten“, ergänzt der Digitallotse. Eine Digitalmaßnahme mit großem Effekt, die zudem einfach umzusetzen ist.

Der Einzelhandel hat eine Zukunft

„Die Umfrage zeigt: Wir befinden uns mitten im Wandel. In den kommenden zehn Jahren wird sich viel für den Einzelhandel verändern – aber er hat eine Chance, wenn er auf die richtigen Kanäle und den richtigen Service setzt und digital und offline geschickt kombiniert“, zieht Breford Fazit. Denn generell seien die Menschen in Bremen mit Qualität, Personal und Dienstleistungen sehr zufrieden.

Zur Methodik der Befragung

Die Umfrage wurde von delta Marktforschung aus Köln Ende Oktober bis Anfang November 2019 durchgeführt und von der WFB in Auftrag gegeben. Datenbasis sind Teilnehmende des Online-Regionalpanels des Weser-Kurier, die Befragung wurde online durchgeführt unter Personen, die in der Stadt Bremen und angrenzendem Umland wohnen, das 18. Lebensjahr vollendet haben und wöchentlich das Internet nutzen.

Die Stichprobenstruktur entspricht der Bevölkerungsstruktur in Bremen inklusive angrenzendem Umland in den Merkmalen Geschlecht, Alter und Berufstätigkeit (Gewichtung laut ma2019 der ag.ma). 831 Personen nahmen teil. Mehr zu Gewichtung in der Studie (PDF).

Malte Breford

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