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8.10.2019 - Nina Svensson

Bremer Frauen in der IT: Auf den Spuren von Ada Lovelace

Digitalisierung / Industrie 4.0

Fünf Bremer Frauen über ihren Erfolgsweg in der Informatik

Die britische Mathematikerin Ada Lovelace war eine Visionärin: Sie schrieb bereits 1843 hat das erste Computerprogramm
Die britische Mathematikerin Ada Lovelace war eine Visionärin: Sie schrieb bereits 1843 hat das erste Computerprogramm © Science Museum Group

Das erste Computerprogramm der Welt wurde von einer Frau entwickelt: Die britische Mathematikerin Ada Lovelace sah bereits 1843 mögliche Anwendungen der Programmierung voraus, die erst 100 Jahre später mit dem ersten programmierbaren Computer tatsächlich möglich wurden. Jedes Jahr wird am zweiten Dienstag im Oktober mit dem Ada Lovelace Day an die begeisterte Naturwissenschaftlerin erinnert, gleichzeitig soll dieser Tag Frauen zu MINT-Berufen inspirieren. Fünf Bremer Frauen ist der Weg in die Informatik bereits erfolgreich gelungen.

Ada Lovelace wird 1815 geboren, ihre Mutter ist Hobby-Mathematikerin und ermöglicht ihrer Tochter eine naturwissenschaftliche Ausbildung. In den Londoner Salons lernt Lovelace namhafte Wissenschaftler kennen, unter anderem auch Chales Babbage, Mathematikprofessor an der University of Cambridge. Er tüftelt an einem mechanischen Verfahren, um sogenannte Bernoulli-Zahlen zu brechen und entwickelt die „Analytic Engine“. 1843 übersetzt Ada auf seinen Wunsch einen französischen Artikel über die „Analytical Engine“ ins Englische. Dazu verfasst sie ihre eigenen Erläuterungen. Ihre insgesamt acht detaillierten Anmerkungen haben die dreifache Länge des ursprünglichen Artikels und legen das Potential der Maschine dar: Mit ihrer Vision von einer Maschine, die auch Musiknoten, Buchstaben und Bilder verarbeiten könnte, hat Ada Lovelace die Informatik um 100 Jahre vorausgedacht. In der inzwischen legendären Notiz G fügt Lovelace auch eine Anleitung zur Berechnung von Bernoulli-Zahlen bei, einen Algorithmus in grafischer Darstellung – und wird damit die erste Programmiererin der Welt.

Ada Lovelace starb mit 36 Jahren an Krebs. Die „Analytic Engine“ wurde nie realisiert. Erst 1953 wurde der Beitrag erneut veröffentlicht und stieß auf das Interesse des Fachpublikums. In den 1970er Jahren wurde die Programmiersprache Ada nach der Mathematikerin benannt. Mehr als 200 Jahre nach ihrer Geburt gilt Ada Lovelace als Software-Pionierin. Mit dem Ada Lovelace Day wird jedes Jahr am zweiten Dienstag im Oktober an sie erinnert. Seit einigen Jahren gibt es – ebenfalls immer im Oktober – das Ada Lovelace Festival in Berlin. Mit inzwischen rund 400 Teilnehmern schafft das Festival eine Plattform für Professionals und Young Professionals aus der Informatik- und Technologiebranche und thematisiert insbesondere die neuesten Branchentrends, Forschungsergebnisse und Erfolgsgeschichten von Frauen in der IT.

Zum Ada Lovelace Day berichten fünf Bremer Frauen aus Wirtschaft und Wissenschaft über ihren Weg in die Informatik in Bremen, über ihre beruflichen Schwerpunkte und das, was ihnen außerdem wichtig ist.  

Dr. Juliane Jarke, Institut für Informationsmanagement (ifib)

Professorin Dr. Juliane Jarke möchte Technologien so gestalten, dass sie gemeinwohlorientiert und sozialverantwortlich sind.
Professorin Dr. Juliane Jarke möchte Technologien so gestalten, dass sie gemeinwohlorientiert und sozialverantwortlich sind. © Beate C. Köhler

„Technik ist sozial“ und „Daten sind nicht neutral“. Zwei scheinbar einfache Sätze, hinter denen doch so viel steckt. Es ist sogar ein ganzes Forschungsgebiet, für das sich Dr. Juliane Jarke begeistern kann. Seit September 2014 arbeitet sie als Wissenschaftlerin am Institut für Informationsmanagement Bremen (ifib) sowie am Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI) an der Universität Bremen. Von April 2019 bis März 2020 war sie Vertretungsprofessorin für Informationsmanagement.

Sie forscht zu Themen der sozialorientierten und partizipativen Technikgestaltung und Techniknutzung. Ihr Fokus liegt auf Transformationsprozessen in der öffentlichen Verwaltung, Bildungsorganisationen und Zivilgesellschaft. Unter anderem leitete sie das von der EU-geförderte Forschungsprojekt MobileAge, in dem innovative Ansätze für die partizipative Technikgestaltung mit älteren Menschen entwickelt und erprobt wurden.

Denn genau darum geht es ihr: Technologien so zu gestalten, dass sie gemeinwohlorientiert und sozialverantwortlich sind. Dass sie nicht einfach entwickelt werden, weil man es kann, sondern dass sie sich an den Bedürfnissen von Menschen ausrichten. Mit Blick auf die Gestaltung von Künstlicher Intelligenz sagt die Wissenschaftlerin deshalb auch: „Wir brauchen eine mensch-zentrierte, partizipative Gestaltung von KI-Systemen.“

Christiane Niebuhr-Redder, Webmen GmbH

Webmen-Geschäftsführerin Christiane Niebuhr-Redder.
Webmen-Geschäftsführerin Christiane Niebuhr-Redder. © WFB/Frank Pusch

Ende 1995 hat Christiane Niebuhr-Redder zusammen mit drei Partnern Neuland betreten und die Agentur Webmen gegründet. Die diplomierte Biologin hatte sich schon früh für Informatik begeistert. Mit den Partnern aus der Forschungsgruppe Telekommunikation entstand die Idee und schließlich auch die Gründung der Webmen Internet GmbH. „Es war eine abenteuerliche Zeit“, sagt sie. „Damals wurde der Begriff Data Highway durchaus noch mit Autobahn verwechselt.“

Das Webmen-Team verfügte über gute Kontakte und akquirierte die ersten Projekte wie zum Beispiel den ersten Internetauftritt für KIA Deutschland, Online Shops und Websites. Unter anderem hat Webmen auch eine Systemsoftware für den Workflow von Ministerkonferenzen entwickelt, die seitdem bundesweit eingesetzt wird. „Damals wie heute geht es darum, das Problem zu verstehen und die für den Kunden passende Lösung zu entwickeln. Das ist für uns Herausforderung und Anreiz bei jedem neuen Projekt.“

Webmen hat heute rund 30 Mitarbeiter. Die mehr als 400 Kunden kommen überwiegend aus Bremen und der Region. Individuelle Anwendungsentwicklung und Webentwicklung sind nach wie vor Schwerpunkte, dazugekommen sind Mobilentwicklung und Online Marketing. „Trotz aller digitalen Möglichkeiten bleibt der persönliche Kontakt das wichtigste“, sagt Niebuhr-Redder. „Für den Kunden zählt nicht, ob wir den schönsten Quellcode entwickeln, sondern ob wir ihn und seine Anforderungen verstehen.“

Dr. Anja Frost, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Dr. Anja Frost vor einem Modell des TerraSAR-X-Satelliten
Dr. Anja Frost vor einem Modell des TerraSAR-X-Satelliten © WFB/Jonas Ginter

15 Mal am Tag überfliegt TerraSAR-X in 500 Kilometern Höhe die Arktis. Jedes Mal kann der Erdbeobachtungssatellit dabei Radaraufnahmen machen, die dann bei Forscherinnen und Forschern wie Dr. Anja Frost auf dem Schreibtisch landen. Die Ingenieurin ist Expertin in Sachen digitaler Bildverarbeitung.

Eines ihrer Spezialgebiete ist dabei in den vergangenen Jahren die Eisdrift geworden. „Der Klimawandel besorgt mich, wie viele Forscherinnen und Forscher. Mitzuhelfen, Veränderungen im Eis zu beobachten, erscheint mir sehr wichtig“, sagt die 39-Jährige, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) am Institut für Methodik der Fernerkennung (IMF) in Bremen arbeitet. Das IMF bildet zusammen mit dem Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum DFD in Oberpfaffenhofen das Earth Observation Center (EOC).

Trotz ihres Namens kam sie eher zufällig dazu, sich mit Eis zu befassen. Ihre Doktorarbeit schrieb sie in Hannover, beschäftigte sich als Ingenieurin für Elektrotechnik damals schon mit Signal- und Bildverarbeitung. Die Forscherin entwickelt heute unter anderem Algorithmen, die aus den Radardaten von Satelliten Bewegungen im Meereseis erkennen und es klassifizieren können. „Für die Schifffahrt ist es wichtig zu erkennen, ob Eisfelder passierbar sind oder nicht. Wir möchten zuverlässige Aussagen mittels Satellitendaten ermöglichen“, so Frost.

Sadia Shakil, Axtrion GmbH

Axtrion-Geschäftsführerin Sadia Shakil liegt auch das Thema Frauen in MINT-Berufen am Herzen.
Axtrion-Geschäftsführerin Sadia Shakil liegt auch das Thema Frauen in MINT-Berufen am Herzen. © WFB/Frank Pusch

Sadia Shakil kann von überall auf der Welt arbeiten. Die Cloudunternehmerin braucht für ihren Job eigentlich nur ihren Laptop, ihr Handy und eine stabile Internetverbindung – kein Büro im klassischen Sinne. Sie ist geschäftsführende Gesellschafterin von Axtrion und bietet digitale Beratung und innovative IT-Lösungen zur Optimierung von Geschäftsprozessen an. Schwerpunkt der Dienstleistungen betrifft die Themen Cloud Computing bzw. Industrie 4.0 mit dem Ziel der digitalen Transformation.

Sadia Shakil wurde in Karachi (Pakistan) geboren, sie verfügt über ein Postgraduate Certificate der University of Wolverhampton (UK) in Computer Science sowie einen Master of Science in Applied Computing von der Universität Lüneburg. Nach ihrem Abschluss hat sie zwei Jahre in der E-Commerce-Branche sowie acht Jahre in der Luft- und Raumfahrtbranche gearbeitet, zuletzt als Business Manager für (damals) EADS.

2010 hat sie Axtrion zusammen mit ihrem Mann gegründet, das Unternehmen mit Sitz auf dem Bremer Teerhof hat heute zehn Mitarbeiter. Sadia Shakil liegt nicht nur der Ausbau von innovativen Informationstechnologien am Herzen, sondern auch das Thema Frauen in der Wirtschaft und insbesondere in MINT-Berufen. Sie ist unter anderem im Bundesvorstand des Verbands deutscher Unternehmerinnen (VdU) und Botschafterin der bundesweiten Initiative ‚MINT-Zukunft schaffen‘.

Gyde Wortmann, abat AG

Gyde Wortmann ist im Vorstand der abat AG. Dort engagiert sie sich unter anderem für eine offene  und vertrauensvolle Arbeitskultur.
Gyde Wortmann ist im Vorstand der abat AG. Dort engagiert sie sich unter anderem für eine offene und vertrauensvolle Arbeitskultur. © WFB/Frank Pusch

Gyde Wortmann ist Mitgründerin und im Vorstand der abat AG. Sie verantwortet neben Kundenprojekten den Bereich Finanzen für das Unternehmen. Bis zur Gründung des Unternehmens arbeitete die Wirtschaftsinformatikerin als Business Analyst und dann in verschiedenen Führungspositionen und leitete verschiedene internationale SAP-Projekte mit Schwerpunkt Rechnungswesen.

abat ist ein internationaler SAP-Dienstleister und Produktanbieter, der Unternehmensprozesse optimiert und mit eigenen Lösungen weiterentwickelt, vorwiegend in den Branchen Automotive, Diskrete Fertigung, Logistik, Nachhaltigkeitsmanagement sowie Informationssicherheit. Aktuell hat abat rund 600 Mitarbeiter. Der Ursprung des Unternehmens ist die act GmbH, die 1998 von Gyde Wortmann, Hinrich Meisterknecht, Holger Pralle und Ronald Wermann in Bremen gegründet wurde.

Ihr Unternehmensmodell: keine steife Bürokratie, keine Hierarchien, keine starren Regeln. Stattdessen stehen gegenseitiges Vertrauen, Eigenverantwortlichkeit, respektvolles Miteinander und Flexibilität im Vordergrund. Gyde Wortmann engagiert sich daher in der Stärkung einer offenen und vertrauensvollen Arbeitskultur und der gleichberechtigten Förderung individueller Stärken. „abat ist für mich der familiäre Rahmen, in dem wir vertrauensvoll und leidenschaftlich zusammenarbeiten.“


Wer sich für weitere Frauen aus Bremen interessiert, die als Gründerinnen und Unternehmenschefinnen durchstarten, wird hier fündig.

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