
Golden Gate Bridge und Bremer Roland, Stanford University und Universität Hamburg, Palo Alto und Kieler Börde – Tim Ole Jöhnk fühlt sich in Norddeutschland wie in San Francisco wohl. Der 30-jährige ist Direktor des Northern German Innovation Office (NGIO) im Silicon Valley, dem Hightech-Tal in unmittelbarer Nähe zur amerikanischen Hafenstadt.
Seine Aufgabe ist es, Trends und neue Technologien zu erkennen sowie Kontakte zwischen Unternehmen beider Länder zu knüpfen. Das NGIO ist als eine gemeinsame Initiative der Bundesländer Bremen, Schleswig-Holstein und Hamburg einzigartig - und dient dem Technologietransfer. Wie Bremer Unternehmen vom NGIO profitieren, erklärt uns Jöhnk im Interview.
Herr Jöhnk, Sie kennen sich im Silicon Valley aus – was würden Sie sagen ist der größte Unterschied zu deutschen Innovations-Standorten in Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein?
Jöhnk: Die Art und Weise wie mit externer Innovation umgegangen wird. Deutsche Unternehmen sind hervorragend in interner Innovation, in Forschung und Entwicklung (F+E). Was Unternehmen oftmals schwer fällt, ist die Zusammenarbeit mit externen Partnern, besonders Start-ups. Denn das birgt immer ein unvorhersehbares Risiko. In Deutschland neigen wir dazu, alles genau durchzuplanen. Uns prägt die Großindustrie, Hierarchien sind hier stark entwickelt. Dadurch sind wir aber zu bürokratisch und zu langsam für dynamische Start-ups. Im Silicon Valley ist alles fließender, chaotischer, experimenteller.
Der zweite Unterschied ist, dass das Silicon Valley durch die Universitäten Stanford und Berkeley groß geworden ist. Dort wurde schon immer außerhalb der eigenen vier Wände gedacht, es entwickelte sich eine lebendige Atmosphäre zwischen Wissenschaft und Tüftlern, die sehr viel durchlässiger ist als ein einem starren Konzern. Das führt zu einer anderen Mentalität, des Experimentierens und Kooperierens.
Muss sich die deutsche Industrie und das Gewerbe nach dem Vorbild des Silicon Valley anpassen, um dynamischer zu werden?
Jöhnk: Das Silicon Valley ist auch für die USA ungewöhnlich. Ich denke, man muss die richtige Mentalität entwickeln, offener sein und schauen, wie und wo man mit anderen zusammenarbeiten kann. Was deutsche Unternehmen lernen können, ist vor allem Geschwindigkeit. Prozesse vom Erkennen einer neuen Technologie bis hin zu den ersten Schritten dauern in Deutschland viel zu lang. Es ist wichtig, schnell Teams an das Thema zu setzen. Zu experimentieren, wie neue Technologien funktionieren, auch wenn es noch keinen gesicherten Return-on-Invest gibt. Nur so können wir die Chancen externer Innovationen nutzen. Gleichzeitig haben deutsche Unternehmen viel Know-How anzubieten. Um diese Kompetenzen aber überhaupt erstmal zu kommunizieren, muss man sichtbarer werden und Strukturen schaffen, die es Start-ups ermöglichen an den Betrieb anzudocken.
